Unter der Überschrift “Migration, Teilhabe und Staatsangehörigkeitsrecht” formuliert der Koalitionsvertrag unter anderem beabsichtigte Änderungen in der Immigrationspolitik und dem Staatsangehörigkeitsrecht. Der Koalitionsvertrag beabsichtigt in diesem Zusammenhang auch ein “modernes Staatsangehörigkeitsrecht” zu schaffen (siehe hierzu im Detail den Blog-Beitrag vom 28/11/2022).
Nachdem die Koalition letztes Jahr einen Gesetzesentwurf zur Reform des Staatsbürgerschaftsrechts angekündigt hatte liegt mittlerweile ein Referentenentwurf des Innenministeriums zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vor, der nun anderen Ressorts der Bundesregierung zur Prüfung vorliegt. Nach dieser Prüfung und gegebenenfalls Überarbeitung wird anschließend ein Gesetzesentwurf in die parlamentarische Beratung und in den weiteren Gesetzgebungsprozess eingeführt.
Nach Veröffentlichungen der deutschen Presse scheint der Entwurf grundsätzlich auch die Zulässigkeit von Mehrstaatigkeit bzw. die doppelte Staatsbürgerschaft vorzusehen. Daraufhin ist nun erneut Kritik an Bestandteilen der geplanten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts aufgekommen, sowohl außerhalb der Koalition von CDU/CSU und AFD als auch innerhalb der Koalition von der FDP.
Nach Auffassung von CDU-Chef Friedrich Merz bleibt die doppelte Staatsbürgerschaft ein Problem. „Das sind doppelte Loyalitäten. Wir finden, wir sollten vorsichtig damit umgehen.“ so Merz (https://www.cdu.de/artikel/zuwanderung-braucht-klare-regeln). Doppelte Staatsbürgerschaften sollten nicht zum “Regelfall” werden (https://www1.wdr.de/nachrichten/schnellere-einbuergerung-deutsche-staatsbuergerschaft-100.html).
Für die FDP ist klar: Erst muss das Einwanderungsrecht modernisiert werden – dann das Staatsbürgerschaftsrecht. FDP-Präsidiumsmitglied Christian Dürr sagt: „Uns geht es um die richtige Reihenfolge“ (https://www.fdp.de/richtige-reihenfolge-fuer-moderne-einwanderungspolitik).
Und die AFD strebt -meiner Ansicht nach wohl nicht ganz überraschend, aber deswegen nicht weniger bedauerlich- sogar noch eine Verschärfung des bisherigen Staatsangehörigkeitsrechts und eine Rückkehr zum vor dem Jahr 1991 geltenden Rechtszustand an (https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw06-de-staatsangehoerigkeit-931458).
Einzelne Abgeordnete aus den Reihen der Koalition haben sich nun im Internet auf konkrete Anfragen von Bürgern bereits über den Inhalt und Zeitplan des Entwurfs, auch mit Blick auf die Beibehaltungsgenehmigung geäußert. Dies scheint zu Unsicherheit und Rückfragen seitens von Bürgern geführt zu haben, die derzeit die Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit planen und einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit in Erwägung ziehen.
Die Pläne der Koalition, das Staatsangehörigkeitsrecht zu modernisieren und eine doppelte Staatsbürgerschaft zur ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern, ist unzweifelhaft eine spannende und meiner Ansicht nach grundsätzlich begrüßenswerte politische Entwicklung. Allerdings sollte man meiner Auffassung nach aufpassen, nicht dem Gesetzgebungsprozess vorzugreifen und Bürger sollten vorsichtig sein, für sich Tatsachen auf Grundlage eines Referentenentwurfs zu schaffen bevor klar ist, in welcher Form letztendlich Änderungen zum Staatsangehörigkeitsrecht gesetzlich verabschiedet werden. Ob und gegebenenfalls wie sich die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts tatsächlich ausgestalten wird, bleibt abzuwarten. Mit dem Referentenentwurf des Innenministeriums ist dieser Prozess nun konkret eingeleitet worden und steht am Beginn des Gesetzgebungsverfahren. Nachdem der Entwurf von den anderen Ressorts/Ministerien geprüft und gegebenenfalls überarbeitet worden ist, fließt dieser in das weitere Gesetzgebungsverfahren ein. Einzelne Abgeordnete haben die Hoffnung bzw. Zuversicht geäußert, dass der Prozess im Sommer diesen Jahres abgeschlossen sein wird und dann ein Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitrechts verabschiedet sein wird. Ob bzw. in welcher Form und gegebenenfalls wann es zu einer Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes kommen wird, bleibt abzuwarten. Bis dahin gilt weiterhin die aktuelle Rechtslage.