Die Einbürgerung von Eltern kann eine unmittelbare Auswirkung auf die Staatsangehörigkeit ihrer minderjährigen Kinder haben. Erwirbt ein Kind die Staatsangehörigkeit seiner Eltern durch deren Einbürgerung, spricht man von einem „Erstreckungserwerb“. Der Erstreckungserwerb ist in einigen Rechtsordnungen verankert. Dennoch unterscheiden sich diese in der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Erwerb eintritt. Im Folgenden soll daher die Rechtslage zu diesem Thema in Deutschland, Australien und den USA verglichen werden.
Deutschland:
Bei dem Erstreckungserwerb handelt es sich um eine materielle Erwerbsregelung eigener Art, die sich ausschließlich auf die Verwirklichung von Einbürgerungstatbeständen nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz durch den oder die Sorgeberechtigten bezieht. Die Erstreckung erfolgt, wenn beide Eltern eingebürgert werden oder der allein kraft elterlicher Sorge vertretungsberechtigte Elternteil eingebürgert wird.
Bis zum Jahr 2007 war der Erstreckungserwerb noch ausdrücklich im deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz geregelt (§ 16 Abs. 2 StAG). Aufgrund der Verwaltungspraxis, in der eine Miteinbürgerung des Kindes mit jeweils einer Urkunde vollzogen wurde, hat sich die Vorschrift jedoch erübrigt.
Die Erstreckung erfolgt nunmehr dann, wenn beide Eltern eingebürgert werden oder der allein vertretungsberechtigte Elternteil (kraft elterlicher Sorge) eingebürgert wird. Der Erstreckungserwerb kommt nur für Kinder in Betracht, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Kinder in diesem Sinne sind solche, für welche die einzubürgernden Eltern das Sorgerecht besitzen. Darunter fallen auch Adoptivkinder, jedoch nicht Pflege- oder Stiefkinder. Hat das Kind das 16. Lebensjahr vollendet, ist die Erstreckung nur mit seiner Zustimmung zulässig.
Die Erstreckung kann in Ausnahmefällen ausgeschlossen werde, wenn zum Beispiel eine strafrechtliche Verurteilung des Kindes einen Ausweisungsgrund darstellen würde (vgl. §§ 8 bis 15 StAG).
Australien:
Eine Erstreckung der Einbürgerung der Eltern auf ihre Kinder erfolgt in Australien nicht automatisch. Es ist Eltern bei ihrer Einbürgerung jedoch gestattet, im eigenen Einbürgerungsantrag ihre Kinder aufzunehmen. Die Kinder können jedoch nur dann mit aufgenommen werden, wenn sie das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Im Gegensatz zum deutschen Staatsangehörigkeitsrecht ist die Einbürgerung beider erziehungsberechtigten Elternteile nicht zwingend notwendig für die Erstreckung auf das Kind. Sind beide Elternteile erziehungsberechtigt reicht es für die Erstreckung der Staatsangehörigkeit somit aus, dass ein Elternteil eingebürgert wird. Kinder zwischen 16 und 18 Jahren bedürfen eines separaten Einbürgerungsantrages, welcher die Einwilligung der Eltern voraussetzt.
USA:
Die Regelungen bezüglich des Erstreckungserwerbes in den Vereinigten Staaten wurden durch den Child Citizenship Act of 2000 (CCA) erweitert. Dieser trat im Februar 2001 in Kraft und ist seither unverändert gültig. Seither erstreckt sich die Einbürgerung der Eltern auf ihre Kinder unter 18 Jahren, wenn das Kind ebenfalls eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis besitzt („green card“) und das Kind seinen Wohnsitz bei den Eltern (bzw. dem eingebürgerten Elternteil) in den USA hat. Ausreichend ist die Einbürgerung eines Elternteils. Liegen die Voraussetzungen vor, erwirbt das Kind die amerikanische Staatsangehörigkeit automatisch. Ein zusätzlicher Antrag ist somit nicht erforderlich.
Fazit:
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Voraussetzungen für einen Erwerb der Staatsangehörigkeit des Kindes teilweise stark divergieren. Daher sollten Eltern bei einem Antrag auf Einbürgerung stets im Blick haben welche Maßnahmen bezüglich ihrer minderjährigen Kinder zu treffen sind. Insbesondere bei der Frage, ob Eltern im Rahmen ihrer Einbürgerung eine Beibehaltungsgenehmigung beantragen müssen, spielen die oben genannten Voraussetzungen schließlich eine maßgebliche Rolle. Im deutschen Recht hängt die Notwendigkeit einer Beibehaltungsgenehmigung, von der Willensbekundung der Eltern bei der Einbürgerung ab. Beruht die Einbürgerung des Kindes auf einer gesetzlichen – willensunabhängigen – Erstreckungswirkung, ist eine Beibehaltungsgenehmigung für die Beibehaltung der deutschen Staatsbürgerschaft nicht notwendig.