I.
Hat ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit verloren, weil er beispielsweise nicht rechtzeitig vor der Annahme einer anderen Staatsbürgerschaft eine Beibehaltungsgenehmigung beantragt hat, stehen ihm verschiedene Wege offen, die deutsche Staatsbürgerschaft wiederzuerlangen.
Grundsätzlich kann diese durch Antrag wiedererlangt werden, indem ein Wohnsitz in Deutschland begründet wird und man mindestens vier Jahre lang dort gelebt hat. Die Wiedereinbürgerung aus dem Inland stellt den gesetzlichen Regelfall dar.
Soll die Wiedereinbürgerung allerdings ohne Wohnsitznahme in Deutschland, also aus dem Ausland erfolgen, so ist dies nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich und es stellt ein Privileg dar, wenn man von diesem Erfordernis der Niederlassung befreit wird.
Anders stellt sich die Situation nur dar, wenn die Staatsangehörigkeit nach dem 01.01.2000 verloren wurde, da dann die Möglichkeit einer erleichterten Wiedereinbürgerung besteht (vgl. dazu den Beitrag im Blog[1]).
Der folgende Beitrag soll die Voraussetzungen aufzeigen, die gegeben sein müssen, damit eine Wiedereinbürgerung aus dem Ausland erfolgen kann.
1. Rechtsgrundlage
Einschlägig ist § 13 StAG, der eine enge Ausnahmevorschrift im Interesse des Staates darstellt.
Demnach „können“ ein ehemaliger Deutscher und seine minderjährigen Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, auf Antrag eingebürgert werden, wenn sie § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 entsprechen.
Die Anwendung dieser Vorschrift erfordert zunächst, dass grundlegende Voraussetzungen in der Person des Antragstellers vorliegen, damit der Antrag überhaupt weiterhin auf ein öffentliches Interesse hin geprüft wird.
Liegen diese Erfordernisse vor, prüft die Behörde in einem zweiten Schritt, ob ein öffentliches Interesse an der Wiedereinbürgerung vorliegt. Die Bejahung dieses öffentlichen Interesses liegt im Ermessen der Behörde, wie der Wortlaut „können“ in § 13 StAG zeigt. Ein Anspruch darauf besteht also nicht.
2. Persönliche Grundvoraussetzungen
Die grundlegenden Voraussetzungen, die in der Person des Antragstellers vorliegen müssen, sind unter anderem das Vorhandensein bestehender Bindungen nach Deutschland, die Unterhaltsfähigkeit und deutsche Sprechkenntnisse. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen eröffnet überhaupt erst das Ermessen der Behörde, den Antrag weiterhin auf ein öffentliches Interesse hin zu prüfen. Das heißt, dass der Antrag trotz Vorliegen aller dieser persönlichen Voraussetzungen abgelehnt werden kann, auch wenn der ehemalige Deutsche in Deutschland aufgewachsen ist und jahrzehntelang in Deutschland gelebt hatte.[2]
3. Öffentliches Interesse
Liegen die persönlichen Voraussetzungen des Antragstellers vor, prüft die Behörde weiterhin, ob darüber hinausgehend ein öffentliches Interesse an der Wiedereinbürgerung des ehemaligen Deutschen besteht.
Dabei steht der Behörde ein weiter Ermessensspielraum zu. Es wird ausschließlich darauf abgestellt, ob ein staatliches Interesse besteht, wobei allgemein politische, wirtschaftliche und kulturelle Gesichtspunkte beachtet werden.
Eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Antragstellers findet hingegen nicht statt.
Der Aufenthalt des ehemaligen Deutschen im Ausland muss also im Interesse des deutschen Staates liegen, um ihn in den Genuss einer erleichterten Wiedereinbürgerung kommen zu lassen.
Nicht ausreichend für die Bejahung des öffentlichen Interesses ist die Erwägung, dass speziell junge Menschen einen wichtigen Anteil an der Verjüngung der Altersstruktur bewirken und zu einer Sicherung der sozialen Systeme beitragen könnten. Denn die Eröffnung der deutschen Staatsangehörigkeit speziell für junge Menschen aus dem Ausland ist mit der Vorschrift des § 13 StAG nicht vorgesehen.[3]
Auch bei deutscher Herkunft und Abstammung ist keine Einschränkung des Ermessens vorgesehen, sodass die Behörde in diesen Fällen nicht wohlwollend entscheiden muss.[4]
Das Interesse des Antragstellers an der Einheitlichkeit der Staatsangehörigkeit innerhalb seiner Familie stellt ebenfalls nur einen privaten Beweggrund dar.[5]
In einem vom VG Köln entschiedenen Fall lebte die Antragstellerin seit Jahren mit ihrem Ehemann, der deutscher Staatsangehöriger ist, und dem gemeinsamen Kind in den USA. Das Gericht ging davon aus, dass eine etwaige deutsche Staatsbürgerschaft für das Leben in den USA nicht notwendige rechtliche Grundlage für das Zusammenleben der Familie sei.[6]
Da der Antragsteller weiterhin im Ausland leben möchte, hat seine Staatsangehörigkeit keine Relevanz für das tatsächliche familiäre Zusammenleben, weil das Familienleben von seinem rechtlichen Status her nicht auf Grundlage der deutschen Staatsangehörigkeit geführt wird, sondern auf Grundlage der ausländischen Staatsbürgerschaft.
Der einzige Aspekt, der innerhalb gerichtlicher Entscheidungen bislang zu einer Bejahung des öffentlichen Interesses führte, ist der Fall der Entsendung eines Deutschen ins Ausland durch ein bedeutendes deutsches Unternehmen, das weltweit handelt.
Ein außenwirtschaftliches Interesse Deutschlands an der Einbürgerung des Bewerbers kann in diesem Fall dann bestehen, wenn er im Ausland ausschließlich die außenwirtschaftlichen Interessen Deutschlands vertritt.[7]
Die Rückkehrabsicht des Entsendeten und der vorübergehende Charakter der Entsendung müssen dabei aufgrund konkreter Umstände feststellbar sein.[8]
Wichtig ist darüber hinaus, dass der Bewerber im Zeitpunkt der Antragstellung noch für das entsendende Unternehmen arbeitet.[9]
Ein weiterer anerkannter Fall ist die Entsendung durch deutsche öffentliche oder öffentlich geförderte Einrichtungen wie das Auswärtige Amt oder die Bundeswehr.[10]
Für Ehegatten von ins Ausland entsandten Mitarbeitern auf Führungsebene in einem weltweit operierenden Unternehmen, die Deutschland im Ausland repräsentieren, besteht ebenfalls eine erleichterte Einbürgerungsoption. Die Ehegatten solcher Beschäftigten haben nämlich oft nicht die Möglichkeit, durch einen langjährigen Inlandsaufenthalt die Voraussetzungen für eine Einbürgerung im Inland zu erfüllen, ohne dass die Familie auseinandergerissen würde.[11]
Ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung wurde hingegen nicht angenommen, wenn der Antragsteller zwar für ein deutsches Unternehmen im Ausland arbeitet, der Arbeitsvertrag aber im Ausland geschlossen wurde.
In einem vom OVG Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall lebte der Antragsteller bereits mehrere Jahre in Kairo, bevor er begann, dort für ein deutsches Unternehmen zu arbeiten.
In diesem Fall liegt keine Entsendung ins Ausland vor.
Auch die selbständige Tätigkeit für ein deutsches Unternehmen im Ausland wird nicht als Entsendung qualifiziert.[12]
In einem vom VG Köln entschiedenen Fall hatte der Antragsteller zwar ursprünglich für ein großes deutsches Unternehmen in Algerien gearbeitet, hatte sich im Anschluss daran aber bei einem selbständigen deutsch-algerischen Unternehmen beteiligt.
Selbst wenn dieses Unternehmen Arbeitsplätze in Deutschland schafft, wird dies nicht als zwingender Grund für eine Einbürgerung gesehen.[13]
II.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Bejahung des öffentlichen Interesses an der Einbürgerung ehemaliger aus dem Ausland an sehr strenge Voraussetzungen geknüpft ist. Praktisch bedeutsam ist dabei das Vorliegen einer vorübergehenden Entsendung eines Mitarbeiters ins Ausland, um dort die Interessen Deutschlands für ein weltweit handelnden Unternehmens zu vertreten.
Den Gesichtspunkten der zeitlichen Begrenzung des Auftrages sowie dem Erfordernis der weltweiten Tätigkeit des Unternehmens kommen daher die Hauptbedeutung zu, um politische und wirtschaftliche Vorteile für den deutschen Staat überhaupt annehmen zu können.
Insgesamt muss sich die Situation als ein vorübergehender Verzicht auf das Leben in Deutschland im Interesse Deutschlands darstellen.
[1] http://www.doppeltestaatsbuergerschaft.com.au/blog/erleichterte-wiedereinburgerung-ehemaliger-geburtiger-deutscher-die-seit-dem-01012000-die-deutsche-staatsangehorigkeit-verloren-haben
[2] VG Köln, Urteil vom 10.08.2005, Az.: 10 K 9015/04, Rn. 4.
[3] OVG NRW, Beschluss vom 21.05.2010, Az.: 12 A 1870/09, Rn. 22.
[4] VG Köln, Urteil vom 5.7.2007, Az.: 10 K 1102/06, Rn. 8.
[5] OVG NRW, Beschluss vom 21.05.2010, Az.: 12 A 1870/09, Rn. 31.
[6] VG Köln, Urteil vom 22.07.2009, Az.: 10 K 6834/08, Rn.: 21.
[7] VG Köl, Urteil vom 9.1.2008, Az.: 10 K 1099/07, Rn. 3.
[8] OVG Nordrhein-Westfalen, 05.07.2012, Az.: 19 A 2703/10, Rn. 21.
[9] OVG Nordrhein-Westfalen, aaO.
[10] VG Köln, aaO.
[11] VG Köl, Urteil vom 9.1.2008, Az.: 10 K 1099/07, Rn. 10.
[12] OVG Nordrhein-Westfalen, aaO.
[13] VG Köl, Urteil vom 9.1.2008, Az.: 10 K 1099/07, Rn. 3.